Über die Tradition muslimischer Judenfeindschaft

Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi im Gespräch über die Juden im Koran und in der Perspektive muslimischer Gesellschaften.

Ourghi, Abdel-Hakim (2024): »Eine heikle Angelegenheit«. Über die Tradition muslimischer Judenfeindschaft. In: Jüdische Allgemeine, 07.01.2024.

Online verfügbar unter https://www.juedische-allgemeine.de/politik/eine-heikle-angelegenheit/

Nach 80 Jahren ist es wieder soweit – Berlin droht mit Repression

Wenn der Staat anfängt, seinen Bürger:innen mit Repressionen zu drohen.

Als ich die Meldung am Morgen des Neujahrtages las, mochte ich es gar nicht fassen. Der regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), verkündete am 31.12.2023 in aller Öffentlichkeit und zudem noch direkt in einer Polizeistation:

„Heute ist die Nacht, wenn’s denn notwendig ist,
die Nacht der Repression,
wo der Rechtsstaat sich versuchen wird, durchzusetzen“

Das sind Töne, die man sonst nur von totalitären Staaten kennt. Der Staat droht seinen Bürger:innen, um die Ordnung durchzusetzen, mit gewaltsamer Unterdrückung oder auch mit Willkür. Denn genau das ist es, was das Wort „Repression“ bezeichnet.

Unterdrückung ist die einem Individuum, einer Gesellschaft oder Menschengruppe leidvoll zugefügte Erfahrung gezielter Willkür, Gewalt und des Machtmissbrauchs. Als Synonym wird oft hierfür auch der Begriff Repression verwendet. Der Ausdruck Unterdrückung bezeichnet vor allem das Niederhalten einer bestimmten sozialen Gruppe und von Individuen durch missbräuchlichen Einsatz gesellschaftlicher Organe, ihrer Autorität oder anderer sozialer Maßnahmen. Mehr oder weniger offiziell in einer Gesellschaft institutionalisiert, vermag dies zur „systematischen Unterdrückung“ anzuwachsen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und der Begriff der Menschenrechte wurden als Kritik der Unterdrückung formuliert, in der jede Macht klar beschränkt und ein Machtmissbrauch gegen Einzelpersonen oder eine Menschengruppe sanktioniert wird. [wikipedia]

Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland keinerlei Legitimation, gegen die Bevölkerung oder gegen die Bewohner:innen „Repression“ auszuüben. Die Amtsträger in Deutschland sind dem geltenden Recht verpflichtet und können nicht irgendwelche außerrechtlichen Aktionen und schon gar nicht Repressionen ankündigen. Man kann einen Rechtsstaat nicht mit Repression durchsetzen – wenn er Repression anwendet, ist er kein Rechtsstaat mehr.

 Das liegt in der Bedeutung des Wortes. Man kann vielleicht unterstellen, dass sich Wegner im Moment der Artikulation der Reichweite seines Ausspruchs nicht klar war. Aber schon allein die Tatsache, dass das Wort „Repression“ zum Arsenal seiner politischen Artikulationswelt gehört, sollte zu denken geben. Erst ist es nur ein Versehen, irgendwann wird es Wirklichkeit.

Ein gutes Neues Jahr 2024!

Tà katoptrizómena, das Magazin für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik wünscht allen ein schönes, friedlicheres und gesünderes Neues Jahr 2024!

Neujahrskarte Wiener Werkstätte 1910, Designer Wilhelm Jonas, Auftraggeber Brüder Köhn

Tà katoptrizómena, das Magazin für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik wünscht allen ein schönes, friedlicheres und gesünderes Neues Jahr 2024! Wir versichern Ihnen, unser Bestes zu geben, dass es ein gutes Jahr wird: לשנה טובה תכתבו. Die obige Karte wurde vom Verlag Brüder Kohn aus Wien nach einem Stoffentwurf der Wiener Werkstätte 1910 gedruckt:

Die Gemeinschaft [Wiener Werkstätte] strebte im Zusammenhang mit der Wiener Kunstgewerbeschule und der Wiener Secession eine Erneuerung der Kunst auf Basis handwerklicher Gediegenheit an. Wien sollte zum Zentrum geschmacklicher Kultur auf dem Gebiet des Kunstgewerbes werden. Das Unternehmen … hatte eine klare Zielsetzung: die gesamten Lebensbereiche des Menschen gestalterisch zu vereinen, im Sinne eines Gesamtkunstwerkes. Dies begann mit der Schaffung fortschrittlicher Arbeitsbedingungen für Handwerker und endete mit dem Wunsch, alles neu zu gestalten, egal ob Alltags- oder Schmuckgegenstände. Ziel war, nur Gegenstände außerordentlicher Eigenständigkeit und Schönheit herzustellen. So legte man sehr großen Wert auf exquisite handwerkliche Verarbeitung, nach der Devise: „Lieber zehn Tage an einem Gegenstand arbeiten, als zehn Gegenstände an einem Tag zu produzieren.“ Das besondere Verdienst der Wiener Werkstätte lag in der Überwindung der wuchernden Jugendstilornamentik belgischen und französischen Stils. Nun dominierten geometrisch-abstrakte Formen, die das Kunsthandwerk des gesamten 20. Jahrhunderts beeinflussten. [wikipedia]

Die Wiener Werkstätten stellten Schmuck, Möbel, Textilien und Keramik und vieles andere her. Die Liste der beitragenden Künstler:innen liest sich wie ein Who is Who der damaligen Kunst in Österreich.

Ein Schwerpunkt der Wiener Werkstätte, an dem auch große Künstler wie Oskar Kokoschka und Egon Schiele beteiligt waren, war nicht zuletzt die Erstellung von künstlerischen Ansichtskarten:

Es wurden über 1000 verschiedene Künstlerpostkarten veröffentlicht, wovon Oskar Kokoschka dreizehn Ansichtskarten gestaltete. Andere Künstler waren Mela Köhler, Egon Schiele, Fritzi Löw und Ludwig Heinrich Jungnickel. Von insgesamt 48 verschiedenen Künstlern wurden sie entworfen. Diese Karten wurden ab 1908 fortlaufend nummeriert und werden heute von Sammlern hoch gehandelt. Die geschätzten Auflagen betrugen zwischen 200 und 1000 Stück. Die Karten wurden von 1908 bis 1915 gedruckt. Zentralverkaufsstelle der Postkarten war das 1907 errichtete Stadtlokal der Wiener Werkstätte am Graben 15 und gegenüber am Graben 16, aber auch die Filialen in Zürich und in Marienbad verkauften die Karten. Eine der teuersten in Mitteleuropa gehandelten Ansichtskarten (Krampus mit Kind, 1911) stammt aus der Wiener Werkstätte und wurde am 12. Oktober 2003 um 11.000 Euro versteigert. [Wikipedia]

Feuerwerk II

Ein Feuerwerksbild von James Ensor aus dem Jahr 1897.

James Ensor, Le feu d’artifice (Fireworks), 1897, 102×112 cm

Im Jahr 1884, so schreibt die Albright-Knox-Art-Gallery in Buffalo, New York, begann James Ensor mit der Schaffung sehr persönlicher Werke zu satirischen Themen, die oft von der Aufnahme in Ausstellungen ausgeschlossen wurden. In diesem Werk stellt er eine weite, leicht hügelige Landschaft dar, in der viele vage definierte kleine Figuren herumschlendern, als würden sie einen gemütlichen Ausflug genießen. In der Ferne explodiert eine gewaltige Explosion von Feuerwerkskörpern vor einem tiefblauen Himmel.

„Feuerwerk“ steht stellvertretend für Ensors mittlere Schaffensperiode, in der er bedrohliche Themen in scheinbar einfachen Kompositionen entwickelte. Hier erzeugen die Intensität und das Ausmaß der Explosion am Horizont – wiedergegeben in leuchtenden Orange-, Rot- und Gelbtönen – ein Gefühl von Ruhe und Katastrophe zugleich. Diese visuelle Mehrdeutigkeit findet sich häufig im gesamten Werk von Ensor und spiegelt seinen anhaltenden Wunsch wider, das Fantastische und das Reale zu verschmelzen.

Feuerwerk I

Ein Feuerwerksbild von Marsden Hartley aus dem Jahr 1915.

Marsden Hartley, Himmel, 1914-15, 120×120 cm, Öl/Lwd.

Marsden Hartleys „Himmel“, Anfang des ersten Weltkrieges in Berlin entstanden, erscheint, so schreibt das Nelson-Atkins-Museum-of-Art in Kansas City, Missouri, wie ein nächtliches Feuerwerk, das in Farbe auf Leinwand und über den Rahmen übertragen wird. Die überlappenden, abstrakten, farbenfrohen Formen der Komposition sind in den Motiven und der Farbpalette des französischen Kubismus verwurzelt. Die konzentrischen Scheiben, die über das Gemälde schweben, könnten auf Hartleys Kenntnisse des indianischen Designs verweisen. Möglicherweise beziehen sie sich auch auf Kokarden, die die deutschen Militäruniformen schmückten, die Hartley zu Beginn des Ersten Weltkriegs sah, als er in Berlin lebte. Die deutschen Wörter Himmel und Hölle umrahmen zwei Formen, die an Zuckertüten erinnern, bunte Tüten voller Süßigkeiten, die deutschen Schulkindern geschenkt wurden. Das Bild hält so alle Ambivalenzen offen, über Verdammnis oder Erlösung ist nicht entschieden.

Böllerverbot?

Was dem Staat recht ist, sollte den Bürger:innen billig sein. Plädoyer für das private Silvesterfeuerwerk.

Pünktlich zum Verkaufsstart der Silvesterraketen in den Geschäften flammt auch die alljährliche Diskussion um ein notwendiges Verkaufsverbot dieser Artikel auf. Es geht dabei nicht um ein allgemeines Feuerwerksverbot, sondern vor allem um Verbote für die private Feuerwerknutzung. Der Staat und der Handel nutzen diese Form der Präsentation ja gerne, um etwas zu feiern, nur den Bürger:innen soll dieses Vergnügen in eigener Regie madig gemacht werden. Nun gibt es gute und nachvollziehbare Gründe für ein Verbot dieser Materialien: sie schädigen die Umwelt, sie verletzen Jahr für Jahr Menschen und werden neuerdings als Waffen gegen Ordnungskräfte missbraucht. Das ist unbestreitbar und es muss überlegt werden, wie es begrenzt werden kann.

Nun ist die Debatte darüber durch eine merkwürdige Doppelmoral gekennzeichnet. In Umweltfragen wurde lange Jahre über die Feinstaubbelastung diskutiert, denn das Silvesterfeuerwerk sorgt für 1% der jährlichen Feinstabbelastung. Aber warum diskutieren wir das nur anhand des Feuerwerks und nicht auch anhand der bei den Bürger:innen so beliebten Holzöfen, die doch immerhin für 19% der Feinstaubemissionen verantwortlich sind? Man sitzt in abendlicher Runde zusammen und bekommt mit empörter Stimme die ökologische Verwerflichkeit der Silvesterraketen erklärt, während direkt nebenan der Kamin knistert. Auch bei den Verletzungen kann man fragen, wie hoch eigentlich die Quote an den Verletzungen durch die heute schon illegalen Produkte ist, die heimlich aus Polen importiert werden. Die bekäme man durch ein Handelsverbot nicht unter Kontrolle. Und bei den aggressiven Akten gegen Ordnungskräfte werden viele Gegenstände eingesetzt, vor allem Steine und Flaschen, ohne dass wir deren Verbot diskutieren würden. Silvester ist einer unter vielen anderen denkbaren Anlässen für manche, sich gewaltsam zu artikulieren. Das muss man bekämpfen, aber nicht symbolpolitisch.

In der Sache selbst, so meldet die Pyrotechnik-Industrie, vollzieht sich seit längerem ein Wandel weg von den Böllern und Raketen hin zu komplexeren Verbundfeuerwerken. Der größere Teil der  Bevölkerung ist also vernünftiger als man denkt. Auch steigt der Anteil jener Artikel, die weitgehend auf Plastik verzichten und auch die Lautstärke herabsetzen. Das kann man fördern, indem man hier ordnungspolitische Akzente setzt. Das Feuerwerk selbst ist ein kulturgeschichtliches Ritual, auf das ich ungerne verzichten würde. Als privates Feuerwerk ist es zwar erst gut 120 Jahre alt, als gesellschaftliches immerhin über 1000 Jahre. Das heutige Feuerwerk zu Silvester lässt sich durchaus als Aneignung bestimmter Elemente der feudalen Festkultur durch breite Schichten der Bevölkerung beschreiben. Insofern ist Silvester fast schon revolutionär.