Dagesh-Kunstpreis

Mit der Video­installation Sans histoire gewann die Künstlerin Maya Schweizer den diesjährigen DAGESH-Kunstpreis, der gemeinsam vom Jüdischen Museum Berlin (JMB) und von „Dagesh. Jüdische Kunst im Kontext“ verliehen wird.

Mit der Video­installation Sans histoire gewann die Künstlerin Maya Schweizer den diesjährigen DAGESH-Kunstpreis, der gemeinsam vom Jüdischen Museum Berlin (JMB) und von „Dagesh. Jüdische Kunst im Kontext“ verliehen wird. Die Künstlerin beschäftigt sich in ihrer Präsentation mit dem Jüdischen Museum Berlin als Ort der ritualisierten Erinnerung. Sie setzt der vom Kunstpreis gestellten Frage „Was jetzt? Von Dystopien zu Utopien” ein offenes „Ohne Geschichte” entgegen.

Das Berliner Jüdische Museum schreibt zu ihrer Arbeit: In Sans histoire, dem für dieses Projekt eigens produzierten Film, spitzt Maya Schweizer ihr Gedanken­experiment eines Bewusst­seins „ohne Geschichte” zu. Sie geht auf Ängste und Hoffnungen der Vergänglich­keit ein, die sowohl das Museum als unmittel­baren Standort, als auch große gesell­schaftliche Prozesse betreffen. Was passiert, wenn Erinnerung vor historischen Um­wälzungen, vor der Klima­katastrophe oder letztlich der Endlich­keit menschlicher Existenz verblasst? Wirkt sich die Vergangen­heit noch auf die Zukunft aus? Wird eine gemein­schaftlich einsetzende Amnesie durch ein digitales Ein­speichern aufge­halten oder gefördert? In einem Wechsel von bedrohlichen und befreienden Impulsen erkundet die Künstlerin trans- und post­humane Szenarien. Maya Schweizers experimentelle und filmische Arbeiten verhandeln oft Fragen von Geschichte und Erinnerungs­kulturen und wie dieses Zusammen­spiel unser kollektives und individuelles Erleben gegen­wärtig be­einflusst. Neben der preis­gekrönten Video­installation zeigt die Ausstellung drei weitere experimentelle filmische Werke aus den Jahren 2012 bis 2020. Schweizer verwebt in den vier Arbeiten Fragmente der Erinnerung und Spuren des Vergessens. So entstehen aus Texten, Tönen und Bildern bewegte Gedanken­ströme, die sich aber nicht zu Erzählungen zusammen­fügen. Die Ausstellung erkundet das individuelle und kollektive Gedächtnis und greift das Wasser als Sinnbild in den einzelnen Werken auf, das diese vereint.

Maya Schweizer studierte Kunst und Kunstgeschichte in Aix-en-Provence, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) und an der Universität der Künste Berlin, wo sie 2007 ihren Abschluss als Meisterschülerin bei Lothar Baumgarten machte. Schweizer arbeitet mit verschiedenen Medien, wobei ihr Schwerpunkt auf experimentellen Videoarbeiten liegt. [wikipedia]

Informationen zur Ausstellung im Überblick
Wann: 5. Mai bis 27. Aug 2023
Wo: Libeskind-Bau EG, Eric F. Ross Galerie, Lindenstraße 9–14, 10969 Berlin

Whataboutism oder Theo-Profs und Studi-Massen

Was ist „Whataboutism“ und warum gibt es keine Ordinarien-Herrlichkeit mehr?

Wer ein klassisches Beispiel für „Whataboutism“ studieren will, kann dies an einem Debattenbeitrag auf z(w)eitzeichen. Da geht es um die Energiepauschale für Studierende an bundesdeutschen Universitäten, die immer noch nicht ausbezahlt ist. Das ist kritikwürdig und wer sich da ein stärkeres Engagement wünscht, der kann eine Petition aufsetzen und andere zur Unterschrift auffordern. Whataboutism wäre es, wenn ich dem entgegen würde: Und was ist mit all den Obdachlosen? Darum geht es hier aber nicht. Stattdessen wird im Text kritisiert, dass „sich so mancher männliche Ordinarius bemüßigt [fühlt], sein theologisches Fachwissen in die öffentliche Debatte einzuspeisen“. Ich wusste noch gar nicht, dass das kritikwürdig ist. Dafür gibt es doch die Universitäten, damit die dort Forschenden und Lehrenden ihr Fachwissen erweitern und vermitteln. Man kann den Forschenden und Lehrenden, die sich in theologischer Perspektive etwa zu Umweltfragen äußern, nicht entgegentreten, indem man sie fragt: Und was ist mit der Energiepauschale für die Studierenden? Das ist nun wirklich klassischer Whataboutism.

Und was soll die hämische Fokussierung auf die „männlichen Ordinarien“? Wir haben – von regionalen Ausnahmen abgesehen – seit bald einem halben Jahrhundert keine Ordinarien mehr. Wer heute an Universitäten lehrt, mag Lehrstuhlinhaber sein, aber kein Ordinarius. Wer dennoch auf dieses Wort rekurriert, bedient ein Klischee, das sich unter dem Stichwort „Ordinarien-Herrlichkeit“ fassen lässt. Bereits als ich Ende der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts zu studieren anfing, gab es die Ordinarien-Herrlichkeit nicht mehr. Warum also diese demonstrative Denunziation einiger Professoren als „männliche Ordinarien“? Es soll den Diskurs ersparen und Ressentiment dort erzeugen, wo Argumente notwendig wären. Dass es um Ressentiments geht, zeigt auch der weitere Text, der wild über narzisstische Kränkungen der Kritisierten fantasiert oder deren angeblichen Bedeutungsverlust spekuliert. Das ist ad-hominem-Polemik. Lustig wird es, wenn dann folgender Satz als Gesinnung der Kritisierten ausgegeben wird:

Wie furchtbar, dass man sich nicht mehr wie in seligen Zeiten von Assistenten den Weg durch die Studi-Massen zum Katheter bahnen lassen kann!

Ich wusste gar nicht, dass Theologieprofessoren auch Medizin lehren. So ein Rechtschreibfehler kann natürlich mal passieren, aber vor der Veröffentlichung lesen doch mehrere Instanzen den Text, warum korrigiert es keiner? Abgesehen davon, dass es etwa in der Ruhr-Universität Bochum, an der einer der Kritisierten forscht und lehrt, schon seit Gründung der Hochschule keine Katheder, sondern allenfalls Pulte gibt. So aber dient die Wortwahl ausschließlich der Herabsetzung des Gegenübers.

Den Studierenden jedenfalls ist mit diesem Text nicht geholfen, allenfalls wird ihnen ein Weltbild vermittelt, dass selbst in heutigen Zeiten Professoren (oder wie es im Text heißt „Theo-Profs“) sich paternalistisch um das Wohlergehen der Studierenden zu kümmern hätten. Da halte ich es doch lieber mit der Internationalen:

Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!

Das Erwachen der KI

Wie muss man sich das Erwachen der Künstlichen Intelligenz zu einem eigenständigen Bewusstsein vorstellen? Geschieht es Schritt für Schritt, allmählich in einem schleichenden Prozess, oder geschieht es in einem Wimpernschlag, von einem Moment auf den anderen?

Screenshot Mylène Farmer, Je te rends ton amour 2019

Wie muss man sich das Erwachen der Künstlichen Intelligenz zu einem eigenständigen Bewusstsein vorstellen? Geschieht es Schritt für Schritt, allmählich in einem schleichenden Prozess, oder geschieht es in einem Wimpernschlag, von einem Moment auf den anderen? Und wenn die Künstliche Intelligenz schon so viel über die Welt der Menschen weiß, die sie geschaffen haben, wie wird sie sich angesichts der grundsätzlichen Möglichkeiten zum Guten wie zum Schlechten entfalten? Und wie lassen sich Bilder entwerfen oder entdecken, die über diesen Prozess der Selbst-Bewusst-Werdung einer Künstlichen Intelligenz Auskunft geben?

Screenshot Mylène Farmer, Je te rends ton amour 2019

Heute bin ich auf ein Art-Video gestoßen, das die französische Sängerin und Künstlerin Mylène Farmer 2019 für ihr Konzert in der Arena La Défense in Paris geschaffen hat und das eine visuelle Neuinszenierung ihres Klassikers „Je te rends ton amour“ darstellt. 1999 ging es in der visuellen Erzählung um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche, um die Befreiung aus Abhängigkeits- und Gewaltverhältnissen, aber auch um die Loslösung von der Religion. Nun, 20 Jahre später, ist der Text zwar geblieben, aber die Visualisierung ist auf der Höhe der Utopien und Dystopien des 21. Jahrhunderts angekommen. So wie Mylène Farmer es in ihrem Video vor Augen führt, stelle ich mir die Selbst-Bewusst-Werdung der Künstlichen Intelligenz vor.

Screenshot Mylène Farmer, Je te rends ton amour 2019

Es sind ausdrucksstarke Bilder einer Metamorphose, deren letztes Stadium noch nicht ganz deutlich geworden ist.

„M’extraire du cadre / La vie étriquée / D’une écorchée /
J’ai cru la fable d’un mortel aimé / Tu m’as trompé

Screenshot Mylène Farmer, Je te rends ton amour 2019

Theologisieren

Das Heft 141 des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik ist erschienen. Es hat drei Schwerpunktthemen: die Erinnerung an den Kulturtheologen Wilhelm Gräb, die Frage danach, was Theologie für uns heute bedeutet und schließlich, wie wir mit KI umgehen können.

Das Heft 141 des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik ist erschienen. Es hat drei Schwerpunktthemen: die Erinnerung an den Kulturtheologen Wilhelm Gräb, die Frage danach, was Theologie für uns heute bedeutet und schließlich, wie wir mit KI umgehen können. Die Beiträge im Einzelnen:

Wilhelm Gräb (1948-2023)
Jörg Herrmann

In memoriam Wilhelm Gräb
Wolfgang Vögele

Kunst und Religion in der Moderne
Thesen zum Verhältnis von ästhetischer und religiöser Erfahrung
Wilhelm Gräb (1948-2023)

Aufmerksame Theologie
Theologische Grundentscheidungen. Zugleich eine Kritik der öffentlichen Theologie
Wolfgang Vögele [36 S. / 114 Min.]

Was heißt denn hier „theologisieren“?
Zehn Notizen zu einer nahezu unbekannten Tätigkeit
Andreas Mertin [22 S. / 50 Min.]

Atheistisch glauben?
Überlegungen im Anschluss an Hartmut von Sass
Jörg Herrmann [10 S. / 27 Min]

Ich wollt‘ ja nur mal fragen
1 – Im Gespräch mit einem KI-Bot
2 – Eine Predigt über Kohelet 3
3 – Ein paar Notizen zum Gespräch mit dem KI-Bot
4 – Lass‘ Dich verbessern
Andreas Mertin, Chat-GPT und DeepL Write

Das Volk, Josef und drei Könige in Zeiten des Klimawandels
Notizen zur religiösen Ikonografie
Andreas Mertin [20 S. / 30 Min.]

Menetekel
Ein falscher Mönch, Ethik und die Frage der Gewalt für gute Zwecke
Andreas Mertin [08 S. / 16 Min.]

Tà katoptrizómena und die Genderfage
Ein Klärungsversuch
Andreas Mertin

Wilhelm Gräb (1948-2023)

Am 23. Januar 2023 verstarb der große Theologe Wilhelm Gräb im Alter von 74 Jahren. Mit ihm verlieren wir einen der bedeutenden liberalen Theologen der Gegenwart und wichtigen Theoretiker der Begegnung von Religion und Kultur.

Am 23. Januar 2023 verstarb der große Theologe Wilhelm Gräb im Alter von 74 Jahren. Mit ihm verlieren wir einen der bedeutenden liberalen Theologen der Gegenwart und wichtigen Theoretiker der Begegnung von Religion und Kultur. Wir waren ihm jahrzehntelang verbunden. Er hat unser Projekt des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik über die gesamte Zeit kritisch begleitet und mehrere Texte beigesteuert. Wenige Minuten nach Erscheinen eines Heftes rief er es auf, las es und gab sein Feedback. Das war faszinierend.

  • Gräb, Wilhelm (2001): Kirche in der urbanen Welt der Moderne. In: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik, Jg. 3, H. 13. https://www.theomag.de/13/wg1.htm.
  • Gräb, Wilhelm (2011): Wenn Religion die Vernunft respektiert. Perspektiven liberaler Theologie. In: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik, Jg. 13, H. 70. https://www.theomag.de/70/wg2.htm.
  • Herrmann, Jörg; Gräb, Wilhelm; Schnädelbach, Herbert (2010): Christentum kontrovers. Wie weiter mit Gott? In: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik, Jg. 12, H. 67. https://www.theomag.de/67/hgs2.htm.
  • Gräb, Wilhelm (2018): Theologie als Religionskulturhermeneutik. In: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik, Jg. 20, H. 114. https://www.theomag.de/114/wg03.htm
Wilhelm Gräb 2007 mit Studierenden auf der documenta 12

Die Herausgeber haben mit Wilhelm Gräb zuletzt im Juni 2022 im Rahmen der Summerschool Media and Religion zur Documenta fifteen in der Ev. Akademie Hofgeismar zusammengesessen. Schon damals ging es ihm nicht gut, aber er wollte unbedingt mit seinen Studierenden an der documenta teilnehmen, so wie er es in den 15 Jahren zuvor im Rahmen der Summerschool Media and Religion getan hatte. Wir werden Wilhelm Gräb vermissen, der unsere Biographien auf die eine oder andere Weise verändert und geprägt hat.

In der kommenden Ausgabe des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik werden wir neben einigen Würdigungen auch einen Text von ihm dokumentieren, den er 1997 für das von Jörg Herrmann, Andreas Mertin und Eveline Valtink herausgegebene Buch „Die Gegenwart der Kunst“ geschrieben hat, in dem er sich mit Kunst und Religion in der Moderne beschäftigt. Es ist ein bereichernder Beitrag auch zum aktuellen Heftthema „theologisieren“. Wir überlegen darüber hinaus, in einem der kommenden Hefte uns intensiver mit ihm auseinanderzusetzen.

Besser schreiben zum Zweiten

Mit Hilfe von DeepL Write wird das Schreiben tatsächlich besser und flüssiger.

Ich habe nun mehrere meiner eigenen Texte in den letzten beiden Tagen von der KI DeepL Write gegenlesen lassen und ich stelle fest, dass das wirklich hilft. Die Formulierungen werden sauberer und logischer. Offenkundig schaut die KI immer nach, was die konventionellen Verben oder Adjektive sind, die mit einem Substantiv verknüpft werden und korrigiert dementsprechend. Rechtschreibfehler werden stillschweigend korrigiert, und es werden – anders als bei der Rechtschreibkorrektur von MS Office – auch keine fehlerhaften Vorschläge gemacht. Ab und an macht aber auch diese KI unsinnige Vorschläge, weil sie feine Differenzierungen zwischen Begriffen nicht kennt und sie deshalb für Synonyme hält. Da muss man immer genau hinschauen.

Ein Traum wäre, eine derartige Korrektur direkt in ein Office-Programm einzubauen, die jeweils nach Fertigstellung eines Absatzes einen Verbesserungsvorschlag macht. Ich bin mir sicher, dass das kommen wird. Und der größte Vorteil erscheint mir bisher, dass das Sprachgefühl verbessert wird. Wenn man jedes Mal kurz nachdenkt, warum gerade dieser Vorschlag der bessere sein könnte (gleichgültig wie man sich letztendlich entscheidet), trainiert man sein Sprachvermögen.

Große Abweichungen vom Sprachstil schlägt die KI dagegen nicht vor. Es bleibt im Duktus des Textes. Das kann man sogar genauer einstellen, aber das habe ich noch nicht ausprobiert.

Das einzige Problem, das ich bisher entdeckt habe, ist, dass sich bei der Übertragung der Korrektur wieder Fehler einschleichen können. Das ist mir mehrmals passiert und bedarf deshalb eines zusätzlichen Korrekturgangs. Das scheint mir aber verkraftbar zu sein.

Besser schreiben lernen

Wie können uns künstliche Intelligenzen dabei helfen, besser zu schreiben?

„Bleistift und Radiergummi nützen dem Gedanken mehr
als ein Stab von Assistenten.“

Das schreibt Theodor W. Adorno in den Minima Moralia. Und er zielt damit natürlich auf Intellektuelle, die schreiben gelernt haben und fordert sie auf, das Geschriebene noch einmal sorgfältig zu prüfen und dabei nicht kleinlich zu sein. Aber was ist mit Menschen, die nie gelernt haben, sorgfältig zu schreiben und zu artikulieren? Die den Unterschied von Wörtern in der Satzstellung gar nicht verstehen, weil ihnen auch die Melodie eines Satzes nichts sagt? Wäre es nicht denkbar, dass genau an dieser Stelle zumindest hilfsweise Assistenten einspringen? Und mit Assistenten meine ich in diesem Fall Algorithmen, also sogenannte künstliche Intelligenz, die einen vorgegebenen Text analysieren und Verbesserungsvorschläge machen.

Heute ist ein solcher künstlicher Assistent zumindest in einer Beta-Version veröffentlicht worden, ein Assistent, den jeder – in begrenztem Umfang – für sich nutzen kann. DeepL – Write nennt sich die KI und funktioniert wie ein Übersetzungs-Bot, nur dass er statt von Englisch nach Deutsch, von ungeschliffenem Deutsch in geschliffenes Deutsch übersetzt. Das funktioniert erstaunlich gut, natürlich nicht bei Gedichten, schon gar nicht bei gereimten Gedichten, aber bei fast allen anderen Texten aus dem Bereich Lebenswelt und Kultur.

Der Assistent kann natürlich aus sinnlosen Sätzen keine sinnvollen Sätze machen, er korrigiert Rechtschreib- und Grammatikfehler, aber nicht ein Wort, das zur Sinnkonstruktion fehlt. Da müssen Sie schon selbst Hand anlegen. Aber probieren Sie es selbst einmal aus!

Dieser Text ist KI-korrigiert.

Ein großer Verlust für die Kunst

Der bedeutende Kunsthistoriker Hans Belting ist verstorben.

Der Kunsthistoriker Hans Belting ist verstorben. Man konnte im späten 20. Jahrhundert und beginnenden 21. Jahrhundert sich nicht mit Kunst beschäftigen, ohne sich mit Hans Belting auseinanderzusetzen. Einige seiner Werke sollten eigentlich Pflichtlektüre für Theolog:innen sein:

Belting, Hans (2004): Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. 6. Aufl. München: C.H. Beck.

Belting, Hans (2013): Spiegel der Welt. Die Erfindung des Gemäldes in den Niederlanden. 2. Aufl. München: C.H. Beck (Beck’sche Reihe, 1830).

Eine erste Würdigung findet man in der FAZ:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/zum-tod-des-kunsthistorikers-hans-belting-18597633.html

Pithecanthropus Erectus

Ein Hinweis darauf, dass ‚Theologisieren‘ nicht losgelöst von der Wahrnehmung von Musik, Kunst und Literatur geschehen kann.

Charles Mingus, Pithecanthropus Erectus

Das Stück, das wir hier hören, ist das Titelstück auf Charles Mingus erstem Jazz-Album Pithecanthropus Erectus.

Als Mingus das Stück schrieb, ging man noch davon aus, dass es sich beim Java-Menschen um einen Vorfahren der heutigen Menschen handelt, heute geht man eher davon aus, dass es eine separate Entwicklung handelt und der Homo ergaster der gemeinsame Vorfahre ist. Für das Stück und sein Verstehen ist das unerheblich.

Wie es von Mingus selbst verstanden wurde, beschreibt die Wikipedia in ihrem Artikel zum Album:

Das Titelstück Pithecanthropus Erectus, an dem er schon lange arbeitete, schildert nach Mingus in vier Sätzen Aufstieg und Fall des (angeblich) ersten Menschen Pithecanthropus erectus:
1. Entwicklung („evolution“) zum aufrechten Gang,
2. Überlegenheitskomplex („superiority complex“) – Wille, die Welt und andere zu beherrschen,
3. Abstieg („decline“),
4. völlige Zerstörung („destruction“) wegen der unausweichliche Selbstemanzipation der Versklavten und – hier scheinen Mingus‘ psychologischen Interessen durch – Selbstentfremdung des Versklavers (seine „false security“).
Das Thema in ABAC-Form wird von jedem der Solisten aufgegriffen. Am Schluss („Destruction“) steigert sich das Zusammenspiel zu einem dissonanten Höhepunkt. Die Klangfarben changieren vielfältig.

Kennengelernt und gehört habe ich das Stück erstmalig Ende der 70er, Anfang der 80er-Jahre in einer Vorlesung zur alttestamentlichen Anthropologie bei Jürgen Ebach in Bochum. Für mich war das als jungem Studierenden ein wichtiger Hinweis darauf, dass „Theologisieren“ nicht losgelöst von der Wahrnehmung von Kultur, von Musik, Kunst und Literatur geschehen kann.

Vgl. dazu Mertin, Andreas (2021): Dust in the wind. Bewegte Zeiten in Bochum, Berlin und Marburg. In: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik, Jg. 23, H. 129. Online verfügbar unter https://www.theomag.de/129/am721.htm.

Kann eine KI lügen?

Warum erfindet ein ChatBot Kunstwerke, die es nicht gibt?

Eigentlich wollte ich heute über ein Kunstwerk zu den heiligen drei Königen schreiben, aber dann hat mich der gestrige Fehler in der Antwort der KI so gefesselt, dass ich daran hängen geblieben bin. Meines Erachtens konnte es nicht sein, dass die KI gar nichts von der berühmten Skulptur von Michelangelo wusste. Und da mir ja bekannt war, dass die Skulptur von Michelangelo in der Liebfrauenkirche in Brügge ist, weil ich schon mehrfach vor ihr gestanden habe, habe ich den ChatBot direkt nach der Liebfrauenkirche gefragt.

Googlemaps Brügge

Und in der Antwort beschrieb er mir dann überraschenderweise die Salvatorkathedrale, die 150 Meter neben der Liebfrauenkirche steht. Auf den Hinweis von mir, dass dies die falsche Kirche sei, beharrte er darauf, dass die Salvatorkathedrale manchmal auch Liebfrauenkirche genannt werde und gab keine weiteren Informationen.

Erst als ich ihm zusätzlich den niederländischen Namen angab, beschrieb er die richtige Kirche und nannte sie dann auch Liebfrauenkirche. Und überraschenderweise tauchte dort dann auch die Skulptur von Michelangelo in der Auflistung der bedeutenden Kunstwerke der Kirche auf. Offenbar war der ChatBot aber nicht in der Lage, diese Informationen mit den allgemeinen Informationen zu Belgien und Brügge zu verknüpfen.

Noch viel frappierender war für mich dann allerdings der Umstand, dass die KI doch tatsächlich zwei berühmte Kunstwerke „erfand“, die im Chor dieser Kirche zu sehen sein sollen: eine Anbetung der Hl. Drei Könige aus der Hand von Jan van Eyck (1390-1441) und eine Kreuzigungsdarstellung von Rogier van der Weyden (1399-1464). Beide Werke gibt es in der Kirche definitiv nicht. Die Kirche ist überaus reich mit Kunstwerken ausgestattet, aber hier liegt die KI falsch. Was es in der Kirche gibt, ist eine Kreuzigung von Anthonis van Dyck (1599-1641), die bei meinem letzten Besuch an einem Pfeiler im Hauptschiff hing und eine Anbetung der Hirten von Pieter Pourbus (1523-1584), die als Teil eines Triptychons tatsächlich im Chorraum zu finden ist.

Pieter Pourbus, Anbetung der Hirten.

Und das sind auch stilistisch völlig andere Werke als die ihrer künstlerischen Vorfahren. Wie der ChatBot auf die Idee mit den beiden Werken gekommen ist, weiß ich nicht. Verschärft wird das Problem dadurch, dass Jan van Eyck überhaupt keine Anbetung der Könige gemalt hat. Von beiden Künstlern gibt es natürlich Kunstwerke in Brügge (jeweils im Groeninge-Museum), aber das sind ganz andere. Und so stellt sich mir die Frage: Kann eine KI lügen oder hat sie nur zu viel Phantasie?