Pünktlich zum Verkaufsstart der Silvesterraketen in den Geschäften flammt auch die alljährliche Diskussion um ein notwendiges Verkaufsverbot dieser Artikel auf. Es geht dabei nicht um ein allgemeines Feuerwerksverbot, sondern vor allem um Verbote für die private Feuerwerknutzung. Der Staat und der Handel nutzen diese Form der Präsentation ja gerne, um etwas zu feiern, nur den Bürger:innen soll dieses Vergnügen in eigener Regie madig gemacht werden. Nun gibt es gute und nachvollziehbare Gründe für ein Verbot dieser Materialien: sie schädigen die Umwelt, sie verletzen Jahr für Jahr Menschen und werden neuerdings als Waffen gegen Ordnungskräfte missbraucht. Das ist unbestreitbar und es muss überlegt werden, wie es begrenzt werden kann.
Nun ist die Debatte darüber durch eine merkwürdige Doppelmoral gekennzeichnet. In Umweltfragen wurde lange Jahre über die Feinstaubbelastung diskutiert, denn das Silvesterfeuerwerk sorgt für 1% der jährlichen Feinstabbelastung. Aber warum diskutieren wir das nur anhand des Feuerwerks und nicht auch anhand der bei den Bürger:innen so beliebten Holzöfen, die doch immerhin für 19% der Feinstaubemissionen verantwortlich sind? Man sitzt in abendlicher Runde zusammen und bekommt mit empörter Stimme die ökologische Verwerflichkeit der Silvesterraketen erklärt, während direkt nebenan der Kamin knistert. Auch bei den Verletzungen kann man fragen, wie hoch eigentlich die Quote an den Verletzungen durch die heute schon illegalen Produkte ist, die heimlich aus Polen importiert werden. Die bekäme man durch ein Handelsverbot nicht unter Kontrolle. Und bei den aggressiven Akten gegen Ordnungskräfte werden viele Gegenstände eingesetzt, vor allem Steine und Flaschen, ohne dass wir deren Verbot diskutieren würden. Silvester ist einer unter vielen anderen denkbaren Anlässen für manche, sich gewaltsam zu artikulieren. Das muss man bekämpfen, aber nicht symbolpolitisch.
In der Sache selbst, so meldet die Pyrotechnik-Industrie, vollzieht sich seit längerem ein Wandel weg von den Böllern und Raketen hin zu komplexeren Verbundfeuerwerken. Der größere Teil der Bevölkerung ist also vernünftiger als man denkt. Auch steigt der Anteil jener Artikel, die weitgehend auf Plastik verzichten und auch die Lautstärke herabsetzen. Das kann man fördern, indem man hier ordnungspolitische Akzente setzt. Das Feuerwerk selbst ist ein kulturgeschichtliches Ritual, auf das ich ungerne verzichten würde. Als privates Feuerwerk ist es zwar erst gut 120 Jahre alt, als gesellschaftliches immerhin über 1000 Jahre. Das heutige Feuerwerk zu Silvester lässt sich durchaus als Aneignung bestimmter Elemente der feudalen Festkultur durch breite Schichten der Bevölkerung beschreiben. Insofern ist Silvester fast schon revolutionär.