Zur Codeformel „Free Palestine“

Was meint jemand eigentlich, wenn er von „Free Palestine“ redet? Über die schrecklichen Implikationen einer politischen Formel.

Inzwischen mehren sich die Bekundungen mancher als prominent Geltender, die durch Tweets oder Fotos trotz der Gräueltaten der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung ihre Solidarität mit den Palästinensern bekunden. Sie machen das, indem sie sich auf die eine oder andere Art und Weise des Slogans „Free Palestine“ bedienen.

Direkt am zweiten Tag der verbrecherischen Angriffe der Hamas auf die Bewohner (und Gäste) Israels tat dies die Rapperin Nura auf Instagram, indem sie einen Screenshot aus ihrem neuesten Musikvideo postete, der sie und ihre Sänger:innen vor dem Slogan „Free Palestine“ zeigte. Das war eine empathielose Geste, im besten Fall war sie nur gedankenlos, viel wahrscheinlicher gerade im Blick auf die abgeschlachteten Opfer bösartig.

Der Fußballer Mesut Özil, der schon öfter mit merkwürdigen Stellungnahmen aufgefallen war, bittet am 13.10.2023 auf X unter dem Hashtag #FreePalestine um Frieden im Nahen Osten, und postet dabei eine Fotomontage, die ihn vor dem Felsendom vor den miteinander verschränkten Fahnen der Türkei und der Palästinenser zeigt – Israel kommt nicht (oder allenfalls in Gestalt eines Soldaten) vor. Das zeigt in welche Richtung das freie Palästina gedacht wird: frei von Juden und Israelis. Bei Özil kann nicht mehr von Unbedachtheit gesprochen werden, es ist die bewährte Agitation, die sich nur vordergründig als humanitäre Geste kaschiert. Schon die Ästhetik des Bildes ist pure AgitProp-Ästhetik allein im Dienst der palästinensischen Sache.

All das verweist darauf, dass wir uns nicht nur in einem militärischen Konflikt im Nahen Osten wiederfinden, sondern auch in einen weltweiten Krieg mit Bildern, Worten und vor allem Slogans verwickelt sind. Worte und Bilder werden zu Waffen, der humanitäre Impuls als solcher wird zweitrangig.

Ich möchte deshalb auf eine Analyse des Slogans „Free Palestine“ verweisen, eine Auslegung, die ich teile. Ich fand sie auf dem empfehlenswerten Blog „Chaims Sicht“. Dort veröffentlicht Chajm Guski regelmäßig des Nachdenkens werte Impulse. Im Blogbeitrag „Ein leeres Land?“ setzt er sich am 12. Oktober 2023 mit dem Slogan „Free Palestine“ auseinander. Und er macht das unter dem m.E. zutreffenden Teaser: „Manchmal muss man Dinge bis zum Ende denken, um zu verstehen, um was es eigentlich geht.“ Er fragt, wie muss man sich das denken mit dem freien Palästina? Wie geht das praktisch, wenn eine Zwei-Staaten-Lösung nicht angestrebt und von der Hamas auch explizit abgelehnt wird? Wovon befreit man das Land? Und er sagt zu Recht: die Hamas-Lösung besteht darin, die israelische Bevölkerung auszulöschen. Das ist Genozid. Die zweite „Lösung“ wäre die Rückkehr der Juden in die Länder, aus denen sie gekommen sind. Aber was heißt das? Rückkehr in die arabischen Länder, aus denen sie gewaltsam vertrieben wurden? Bekommen sie dann den Besitz zurück, so wie die Palästinenser den Besitz zurückfordern, den sie angeblich vor 1948 hatten? Wenn aber ein Teil der jüdischen Bevölkerung im Land verbliebe, wie würde man mit ihnen umgehen? So wie mit anderen minoritären Gruppen in den arabischen Ländern? Fragen über Fragen. Lesen Sie den ganzen Beitrag ….>